Durch meine jahrelange Energiearbeit weiß ich, das eine verstorbene Seele nicht immer gleich den Weg ins Licht
findet. Solange sie hier auf Erden noch etwas "erledigen" muss bleibt sie hier. Aber um hier ohne Körper zu
"überleben", braucht sie Energie und die holt sie sich aus der Aura, dem Energiefeld eines lebenden Menschen.
Im Schamanismus spricht man dann von einer "Besetzung". Der Mensch kann jahrelang mit einer "Besetzung"
leben. Aber irgendwann fühlt er sich müde, schlapp, ausgepowert. Dann wird es höchste Zeit, die Seele zu
"befreien". Denn es ist für eine Seele nur solange gut auf Erden zu sein, solange sie einen Körper besitzt. Ist der
Körper gestorben, steigt die Seele auf. Geht zurück "nach Hause",ins Licht. Dort gehört sie hin, bis sie neu
inkarniert. Der Vater von Reiner war bereits im Licht. Wir mussten seine Seele rufen. Und sie kam. Spürbar. Sein
Vater stand etwas abseits zwischen uns. Da wir uns gegenüber saßen spürte jeder auf seine Weise die
Anwesenheit. Bei mir war der rechte Arm kalt, bei Reiner der linke. Reiner konnte aber auch noch etwas anderes
wahrnehmen. Es war, wie ein "Wissen", ja, sein Vater war da. Es fühlte sich an wie früher, wenn sein Vater
körperlich im Raum war. Die beiden Männer konnten mit meiner und Gottes Hilfe klären, was noch zwischen
ihnen stand und Reiner spürte hinterher eine Freiheit und Leichtigkeit in seinem Herzen wie schon lange
nicht mehr. Da wär ihm nicht nur ein Stein vom Herzen gefallen sondern ein ganzer Steinbruch, lachte er beim
verabschieden.
Auch Renate hatte sich eine schwere Last auf ihre Schultern geladen. Vor über zwanzig Jahren war ihr Bruder
bei einem Autounfall gestorben. Beide waren auf einer Feier gewesen. Als ihr Bruder zum Aufbruch drängte,
überredete sie ihn, doch noch etwas zu bleiben, es war doch gerade so schön. Sie blieben also noch. Als sie
dann später den Heimweg antraten, geschah das Unglück.
Bis heute gibt sich Renate die Schuld am Unfalltod ihres Bruders. Und dann immer wieder die Frage: Warum ist
er gestorben und nicht ich? Man muss sich nicht unbedingt in der Materie auskennen, und kann sich trotzdem
vorstellen, was so eine Seelenqual mit dem Körper anstellt. Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, ständig das
Gefühl "ich kann nicht mehr", kurz vorm Burn-out, Tinnitus, Hörsturz ... waren nur ein paar "Wehwehchen" von
Renate. Höchste Zeit, daran zu arbeiten. Wir kennen uns bereits seit etwas mehr als zwei Jahren, aber erst
heute ist Renate bereit, diesen großen Schritt zu tun. Das habe ich des Öfteren. Viele Menschen wissen ganz
genau, warum sie "krank" sind, kennen die Ursache. Aber es ist eine Sache zu wissen warum, eine ganz andere
Sache ist es, sich dieses Warum "anzusehen". Aber nur wenn ich es ansehe, kann ich es verstehen. Nur wenn
ich verstehe, kann ich vergeben und nur wenn ich bereit bin zu vergeben, kann Heilung geschehen.
Wir sitzen uns gegenüber. Renate weint leise. Es fällt ihr nicht leicht, aber es muss sein, sagt sie. Es muss sich
jetzt etwas ändern, sonst gehe sie kaputt an der Situation. Ich brauche in ihrem Fall keine Daten zu hinterfragen,
sie hat ihren toten Bruder dabei. Er ist in ihrer Aura. War nie weg. 20 Jahre "gefangen" in einer Zwischenwelt. Er
hatte das starke Gefühl, seine leidende Schwester nicht allein lassen zu können. Wollte sie beschützen. Wollte
einfach nur bei ihr sein.
Beide, Bruder und Schwester, haben mein Mitgefühl. Ich erkläre ihm, warum es für ihn wichtig ist, ins Licht zu
gehen. Erzähle ihm, vom unbewussten "Energieraub" den er seiner Schwester "antue", wenn er von ihrem
Energiefeld "lebt". Er ist sichtbar erschrocken. Das habe er nicht gewollt. Er löst sich sofort ein Stück von Renate.
Schwebt jetzt etwa fünf Meter über ihr. Sie spürt es, fühlt sich plötzlich "leer", weint noch mehr. Wir reden über
ihre Schuldgefühle. Ihr Bruder kommt wieder etwas näher. Ich frage ihn, was er von den Schuldgefühlen seiner
Schwester hält. Er versteht es nicht. Er habe doch das Auto gefahren. Ich frage ihn, ob er die Last der Schuld
von den Schultern seiner Schwester nehmen möchte. Ja, das möchte er gerne. Ich schlage vor, alle Schuld in
einen Rucksack zu packen und diesen Rucksack könne er dann mit hinauf ins Licht nehmen, um ihn dort dem
Feuer der Wandlung zu übergeben. Ja, auch das möchte er gerne tun.
Renate kann mit Hilfe einer leichten Trance ihr Schuldgefühl loslassen. Nach vier Stunden ist die Sitzung
beendet und Renate fühlt sich "komisch". Sie ist seit 20 Jahren das erste Mal wieder "allein" unterwegs. Das ist
sie nicht gewohnt. Es fühlt sich im ersten Moment fremd an. Aber irgendwie auch gut. Renate ist so verwirrt, das
sie schon wieder weint. Ich lasse sie einen Moment in Ruhe. Hole uns beiden ein großes Glas Wasser.
Wir reden noch ein bisschen. Auch darüber, das sie nicht so allein ist, wie sie jetzt vielleicht denkt und fühlt, dass
sie ihren Bruder jederzeit "rufen" kann. So ganz langsam, zeigt sich auf ihrem Gesicht ein Lächeln. Ihr Atem
beruhigt sich. Dann holt sie ein neues Taschentuch aus ihrer Tasche, schnaubt sich die Nase, setzt sich gerade
hin, schaut mir mit klarem Blick in die Augen und sagt ruhig und gefasst: "Ja, es ist alles gut und richtig, so wie es
ist." Sie sitzt ganz still da, spürt in sich hinein. Dann folgt ein tiefer Atemzug verbunden mit einem Seufzer, der
direkt aus ihrer Seele zu kommen scheint.
Ihre Gesichtszüge glätten sich und ein breites Grinsen stiehlt sich auf ihre Lippen. Es folgt noch mal ein tiefer
Atemzug. Dann ein Kopfnicken, wie zur Bestätigung. "Ja, es ist alles gut und richtig, so wie es ist. Es ist
unglaublich, aber ich fühle mich im Moment total frei und leicht."